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Kunstmuseum Winterthur:

Baugeschichte

Die Villa Flora hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Mitte des 19. Jahrhunderts erbaut, wurde sie ab 1898 vom Ehepaar Hedy und Arthur Hahnloser-Bühler zu einem Haus der Kunst umgewandelt, um Ende des 20. Jahrhunderts zu einem Museum zu werden. Das jüngste Kapitel konnte nun mit der umfassenden Sanierung und dem Bau des Gartenpavillons geschrieben werden – die Villa Flora ist bereit für die Zukunft.

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Die Villa Flora um 1900

1858 erwarb Hedy Hahnlosers Grossvater, Johann Heinrich Bühler, das Grundstück mit der Villa Flora, die gute zehn Jahre zuvor erbaut worden war. Damals stand neben der klassizistischen Stadtvilla noch eine kleine Hütte. Diese liess Johann Heinrich Bühler durch ein «Kutscherhaus» ersetzen, das heute noch nebenan – gleich neben dem neuen Pavillon – steht. Östlich der Villa liess er in stilistischer Anlehnung an das Haupthaus einen schmalen, zweigeschossigen Anbau errichten. Im Erdgeschoss war dieser Flügel mit der Villa über einen Korridor verbunden, auf dessen Dach sich eine offene Terrasse befand.

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Arthur Hahnloser mit verkleideten Patienten seiner Augenklinik vor der Villa Flora

1898 heiratete Hedy Bühler den Augenarzt Arthur Hahnloser. Zusammen zogen sie in die Flora, die sie der Familie abgekauft hatten. Im östlichen Anbau richteten sie eine Augenklinik mit Operationssaal, Konsultations- und Patientenzimmer ein, gewohnt wurde in der Villa selbst.

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Der Salon in der Villa Flora in einer historischen Aufnahme von 1908

1907 konnte die Augenklinik ausgelagert werden, und alle Gebäudeteile standen nun als Wohnfläche zur Verfügung. Dies gab Anlass zu einigen Umbauten, deren Auftakt der Salon bildete, der zwischen die Villa und den Anbau gesetzt wurde. Der mit dem Ehepaar Hahnloser befreundete Architekt Robert Rittmeyer und sein Büro Rittmeyer & Furrer wurden mit der Ausführung betraut. Zusammen mit Hedy Hahnloser gestaltete er ein modernes Gesellschaftszimmer, das in seinem Anspruch an Material und Design den neuesten Standards entsprach. Vor dem Einbau in die Flora wurde der Salon sogar öffentlich präsentiert: Im Rahmen der Ersten Zürcher Raumkunstausstellung wurde er als ein «Meisterstück heutiger Raumkunst» gefeiert.

Sukzessive wurden in den folgenden Jahren weitere Räume der Villa Flora neu eingerichtet und gestaltet, wobei grosser Wert auf ein harmonisches Zusammenspiel der einzelnen Elemente gelegt wurde. Von den Vorhängen über die Möbel bis hin zu den Lampen wurde alles gezielt gestaltet – und durch frische Blumen und erstklassige Gemälde abgerundet. Nach diesen Grundsätzen und Ideen wurden auch das Esszimmer, die Bibliothek und das sogenannte Grüne Zimmer eingerichtet. Federführend bei der Gestaltung war die Hausherrin selbst: Hedy Hahnloser zeichnete die Entwürfe für Lampen, Tapeten und Möbel, die dann nach ihren Plänen gefertigt wurden.

Geometrische Formen und rechte Winkel prägten Hedy Hahnlosers Stil. In ihren Entwürfen finden sich keine Schnörkel, keine falsche Üppigkeit oder die Imitation älterer Stile, wie es damals in der Schweiz üblich war, stattdessen Diagonalen und Quadrate, gerade Linien und schlichte Formen, die bisweilen auch floral ausformuliert sein konnten.

Floragarten

Der Garten der Villa Flora um 1920

1916 wurde der Garten in Angriff genommen. Auch er sollte ein neues, modernes Aussehen bekommen. Anlass dafür war der Kauf von drei grossen Skulpturen von Aristide Maillol, von denen zwei im Freien aufgestellt werden sollten. Bei der Planung des Gartens half Hedy Hahnlosers Cousin Richard Bühler, der Präsident des Schweizerischen Werkbundes war. Bühler hatte sich bereits intensiv mit dem Thema Garten befasst, und da er und das Ehepaar Hahnloser einen sehr ähnlichen Geschmack hatten, nahm man gerne seine Ideen und Skizzen für den Aussenbereich auf.

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Der Blick auf Garten und Kutscherhaus, um 1990

Der Garten wurde neu mit geometrischen, rechtwinkligen Mustern angelegt. Seine vorherige Gestaltung war dem Konzept eines Landschaftsgartens des sogenannten «natürlichen Gartenstils» gefolgt, bei dem verschlungene Pfade und künstliche Hügel dominierten. Den neuesten gestalterischen Prinzipien folgend, wurde nun der ganze Garten nach linearen Mustern aufgeteilt. Dabei wurden die Wege des Landschaftsgartens begradigt und zueinander orthogonal in Beziehung gebracht. Ein quadratischer Brunnen wurde in die Achse eines mit Blumen geschmückten Rasenvierecks gelegt und in lineare Beziehung mit den Skulpturen gebracht.

1927 erfolgte – wieder in enger Zusammenarbeit mit Robert Rittmeyer – der Umbau des Zwischentrakts über dem Salon, also der Verbindung zwischen der Villa und dem Anbau, wo sich bis dahin eine Terrasse befunden hatte. Hier wurde ein gänzlich neuer Raum geschaffen, die sogenannte Galerie, und zum Garten hin wurde eine verglaste Veranda aufgebaut.

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Der Oberlichtsaal in einer historischen Aufnahme mit Werken vor allem von Félix Vallotton

Weil die Kunstsammlung der Hahnlosers inzwischen stark angewachsen war, konnten sie nur noch einen Teil ihrer Bilder aufhängen – neue Wände mussten her. Der neue Raum im Obergeschoss war daher ganz auf die Präsentation von Kunstwerken ausgerichtet, und wie ein Museumssaal bekam er ein Oberlicht. Nicht mehr das Wohnen stand hier im Vordergrund, sondern das Präsentieren und Betrachten von Gemälden. Mit ihm wurde die Villa Flora vollends zu einem Haus der Kunst.

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Blick vom Garten auf die Villa Flora

Foto: Peter Engeler

Nach dem Ableben von Arthur und Hedy Hahnloser blieb das Haus in Familienbesitz. 1980 wurde eine Stiftung eingerichtet und die Sammlung sowie das Haus in deren Obhut gegeben. Nach einem Umbau wurde 1995 der Ostflügel der Flora als Museum eröffnet, der Eingang erfolgte strassenseitig über einen kleinen verglasten Anbau vor dem Salon. Betrieben wurde das Museum von einem Trägerverein, der zahlreiche Ausstellungen organisierte. Er lebt heute als Freundesverein weiter. Nach fast zwanzig Jahren wurde der Museumsbetrieb aus finanziellen Gründen eingestellt. Für den Erhalt der Villa als öffentlich zugänglicher Ort der Kunst wurde schliesslich mit dem Winterthurer Museumskonzept eine Lösung gefunden: Die Flora wurde mit dem Museum Oskar Reinhart und dem Kunstmuseum Winterthur unter einer Dachmarke zusammenfasst.

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Die frisch renovierte Villa Flora 2023.

Foto: © Georg Aerni

Mit dem Einbezug der Flora in den Verbund Kunst Museum Winterthur wurde das gesamte Gebäude restauriert und auf neueste Museumsstandards gebracht. Fortan ist der gesamte Gebäudekomplex mit dem Haupthaus den Besuchenden zugänglich. Ein Pavillon der Basler Architekten Jessenvollenweider auf der Gartenseite ist nun der neue Empfangsraum. Mit dieser organisatorischen und baulichen Neueinrichtung ist die Flora nun als Museum fit für das 21. Jahrhundert. Wir hoffen, es gefällt Ihnen!