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Kunstmuseum Winterthur:

Revolution beim schwarzen Kaffee

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Der Salon in der Villa Flora um 1908

Jeden Dienstag versammelte sich im Salon der Villa Flora eine Gruppe junger Kulturinteressierter am runden Tisch und trank dabei schwarzen Kaffee. Sie diskutierten über Malerei und Kunsthandwerk, über die neuesten Entwicklungen und die alten Traditionen. Auch Kulturpolitik stand auf der Themenliste, und nicht selten zeigte sich der Frust über die eingerosteten Strukturen in Winterthur und wie man dabei war, die modernen Tendenzen aus dem Ausland zu verschlafen. Insbesondere der Kunstverein und dessen Vorstand zeigte kaum Interesse an moderner Malerei, vielmehr war man auf Konservatives und Provinzielles bedacht. Der damalige Konservator meinte denn auch einmal: «Wir sind ein Provinzmuseum und brauchen uns dessen nicht zu schämen.»

Würtenberger. Vorstand Planung

Ernst Würtenberger, Der Kunstvereinsvorstand, 1915

Foto: Hans Humm, Zürich

Die Unzufriedenheit der engagierten Kulturmenschen, die sich um Hedy und Arthur Hahnloser scharten, führte zu einer eigentlichen Palastrevolution. Die alte Garde des Kunstvereinsvorstands wurde abgesetzt und durch junge, weltoffene Männer ersetzt – Frauen waren nicht zugelassen. Robert Rittmeyer und Georg Reinhart waren bereits Mitglieder, und weil sie jetzt die Dienstältesten waren, wurden sie mit den wichtigen Posten bedacht, und so wurde 1907 Robert Rittmeyer Präsident, Georg Reinhart Vizepräsident und Arthur Hahnloser Aktuar. Nachdem Rittmeyer den Wettbewerb für den Bau des Kunstmuseums gewonnen hatte, trat er als Präsident zurück, und Richard Bühler, Hedys engagierter Cousin, wurde Präsident.

Der neue, verjüngte Vorstand

Schon bald änderte sich unter dem verjüngten Vorstand der Fokus der Ausstellungs- und Sammeltätigkeit des Kunstvereins. Wenn auch das Lokale und Einfache nicht ganz gestrichen wurde, so verschob sich der Fokus doch merklich auf zeitgenössische, moderne Malerei. Zunächst auf die progressiven Schweizer wie Ferdinand Hodler und Giovanni Giacometti und schon bald auch auf das Neueste aus Paris: die Nabis und Fauves.

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Das neue Winterthurer Museumsgebäude, um 1916

Der neue Vorstand schmiedete bald auch noch kühnere Pläne, nämlich den Bau eines eigenen Museums – vorher hatte man im Rathaus oder an anderen improvisierten Orten Ausstellungen organisiert. Noch kaum eine Stadt in der Schweiz hatte damals einen eigenen Museumsbau. Entsprechend zurückhaltend war die Politik, die nur ein Drittel der Baukosten übernahm, der Rest kam durch Mäzene zusammen.

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Dezentes Detail: Arthur Hahnlosers Hand mit dem Ehering, der subtil auf Hedy verweist.

Ein anlässlich der Eröffnung des Museums in Auftrag gegebenes Gemälde zeigt den Vorstand bei der Planung, wie der Architekt Rittmeyer seine Pläne vorstellt. Links am Tisch sitzt Richard Bühler, mittlerweile der Präsident, und ihm vis-à-vis mit dem Stift in der Hand Arthur Hahnloser. Die treibende Kraft hinter alledem, Hedy Hahnloser, ist nicht zugegen, aber der prominent im Vordergrund platzierte Ehering von Arthur Hahnloser ist eine goldene Hommage an sie.

Übrigens

Der Salon und seine Kaffee-Ecke waren auch der Ort, wo in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Idee zum Museum Villa Flora geboren wurde.