Cézanne – Plaine provençale
Ihr erstes Gemälde von Paul Cézanne erwarben die Hahnlosers gegen Ende des Ersten Weltkriegs. Über Ambroise Vollard, den Pariser Kunsthändler, konnten sie diese Plaine provençale sowie eine Darstellung des Aquädukts des Canal de Verdon erwerben, die beide in der ersten Hälfte der 1880er Jahre entstanden.
Während das Aquädukt eindeutig identifizierbar ist, bleibt bei unserem Bild offen, welcher Ort dargestellt ist. Dies ist auch kaum von Bedeutung, ging es Cézanne doch weniger um das Abbilden einer spezifischen Ortschaft, als vielmehr um allgemeinere Themen. In seiner Malerei ist das Werk stets mehreren Einflussgrössen unterworfen, von denen die Wiedergabe der Natur nur eine ist. Stets ging es ihm auch darum, die Komposition auf der Leinwand im Gleichgewicht zu halten. Er versuchte, das Bildgefüge zu strukturieren und zu organisieren – häufig sagte man, dass er weniger wie ein Maler und mehr wie ein Maurer arbeite. Stück für Stück wird hier aneinandergereiht, aufgeschichtet und gebaut. Cézanne reduziert die Welt auf geometrische Grundformen, auf Dreiecke, Quadrate, die die Bausteine seiner Kunst bilden.
In diesem Fall wählte er zudem einen relativ dünnen Farbauftrag, der an manchen Stellen fast transparent ist. Dadurch bekommt das Werk ein wenig den Charakter eines Aquarells, und es erhält bei aller formalen Strenge eine gewisse Leichtigkeit, die dem Licht Südfrankreichs ganz angemessen scheint.
Die Pinie im linken Mittelgrund leitet in das Bild ein. Sie will aber weniger den Betrachter abholen, wie es bei der klassischen Landschaftsmalerei der Fall wäre, vielmehr bildet sie den Auftakt zur Bildrhythmik. Die Schrägstellung des Baumes und seine inhärenten gegenläufigen Linien wiederholen sich im Hintergrund in den Häusern und Dächern, bis sie in den immer kleiner werdenden Strichtakten zum Horizont hin auslaufen. Das Stakkato der Parallelschraffuren der Baumkrone weist voraus auf Cézannes Malerei gegen Ende des Jahrzehnts, wo dieses Stilmittel immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Es waren solche Innovationen, die Cézanne zu einem – wenn nicht dem – Vater der Moderne machten. Denn sein unbedingter Wille, das Bildgefüge harmonisch und ästhetisch zu arrangieren, liess ihn an manchen Stellen die Naturtreue aufgeben. Damit war ein grundlegender Wandel angezeigt, der die Kunst des 20. Jahrhunderts bestimmen sollte: Wie etwas gemalt ist wurde nun wichtiger als was gemalt ist. Willkommen in der Moderne!