Der Garten
Der Garten der Villa Flora war früher ein Landschaftsgarten, der dem sogenannten «natürlichen Gartenstil» entsprach. Dieses Gestaltungskonzept folgte der Idee, dass die Natur möglichst natürlich wirken und wie ein begehbares Landschaftsgemälde funktionieren sollte. Ein Spaziergang hindurch sollte abwechslungsreich sein, und so waren die Wege kurvig und verschlungen, man sprach auch von der «Bretzel-Manier». Der kleine Hügel, geschaffen aus dem Aushub beim Bau des Kellers, stammt noch aus dieser Zeit. Auch die mächtigen Buchen, die Ahorne und Linden rühren noch von daher.
Dies entsprach dem Geschmack, wie er in vielen Winterthurer Villen und ihren Gärten vorherrschte und die zum Teil bis heute bestehen, so im Park der Villa Bühler mit dem Münzkabinett oder beim Konservatorium in der Villa Rychenberg.
Anlass für die Umgestaltung des Gartens der Flora gab die Kunst: Im Herbst 1916 hatten Hahnlosers Skulpturen von Aristide Maillol erworben, von denen sie zwei im Garten aufstellen wollten, die Été und die Pomone. Beide Figuren sind heute wieder an ihrem ursprünglichen Ort platziert. Eigens für die Été hatte Hedy Hahnloser einen mit Holzlatten gerahmten Nischenplatz anlegen lassen. Und im Winter 1918 wurde das kleine Hügelchen des Landschaftsgartens in eine oktogonale Form überführt und auf der Kuppe die Pomone platziert.
Ein wichtiger Gesprächspartner für die Neugestaltung des Gartens war Richard Bühler, der Cousin von Hedy Hahnloser und Präsident des Schweizerischen Werkbundes. Er teilte mit Hedy die Leidenschaft fürs Kreative und Schöne und hatte sich dabei intensiv mit Gärten auseinandergesetzt. 1910 hatte er im Kunstverein – dessen Präsident er ausserdem war – einen Vortrag zum Thema gehalten, wobei er den traditionellen Landschaftsgarten als Imitation der Natur kritisierte. Der Mensch, ja die Moderne sollte sichtbar werden, forderte er: «Der Garten soll dem Menschen dienen und deshalb in seinen Formen die erstrebten Ziele deutlich zum Ausdruck bringen.»
«Auch der echte gute Garten ist ein Kunstwerk und soll als solches alle ihm eigenen Kennzeichen tragen, welche sind: Ordnung und Gesetzmässigkeit und Rhythmus und Sichtbarwerden der Zweckbestimmung in klaren Formen.»
Richard Bühler
Diesen Prinzipien folgend, wurde der ganze Garten der Flora nach geometrischen Mustern aufgeteilt. Dabei wurden die Wege des Landschaftsgartens begradigt und zueinander orthogonal in Beziehung gebracht. Ein quadratischer Brunnen wurde in die Achse eines mit Blumen geschmückten Rasenvierecks gelegt und in lineare Beziehung mit der Skulptur gebracht.
Damit entsprach auch der Garten einer neuen Auffassung von Gestaltung, auch er folgte – wie die Inneneinrichtung – geometrischen Mustern. Waren im Innern die Schnörkel und Ornamentik obsolet geworden, so waren es im Äussern die scheinbaren Naturformen des Landschaftsgartens. Haus und Garten, innen und aussen wuchsen so noch enger zu einem zeitgenössischen Gesamtkunstwerk zusammen.
Hedy Hahnloser veränderte in den 1940er-Jahren den Garten in Teilen. Der eine oder andere Gartenweg wurde schmaler, der Blumenschmuck weniger, die Strenge des architektonischen Gartens gemildert. Die Gesamtanlage ist aber heute noch in ihrer zeitgenössischen Auffassung erlebbar.