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Kunstmuseum Winterthur:

Der Salon

Der Salon ist das erste Herzstück der Flora auf ihrem Weg zu einem Haus der Kunst.

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Der frisch renovierte Salon

Foto: © Georg Aerni

Als Hedy und Arthur Hahnloser in die Villa Flora einzogen, war hier nur ein Korridor, der das Haupthaus mit dem Anbau verband. Im Anbau wurde die Augenklinik eingerichtet, die der Augenarzt Arthur Hahnloser betrieb und bei der Hedy tatkräftig mithalf. Als 1907 in Winterthur die Privatklinik Lindberg eröffnet wurde, verlegten sie ihren Betrieb dorthin und machten sich daran, die leer gewordenen Räume ihres Zuhauses neu zu planen. Das Herzstück der neuen Gestaltung war dieser «Salon», der auf Plänen von Hedy Hahnloser und dem Architekten Robert Rittmeyer basiert.

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Der Salon um 1908

Der Salon war nicht einfach ein gemütliches Zimmer, er war ein Statement. Denn er entsprach dem modernsten Geschmack und den neuesten Tendenzen von Architektur und Design. Rittmeyer zeigte den Raum vor dem Einbau in der Flora auf einer Ausstellung in Zürich, der ersten sogenannten Raumkunstausstellung von 1908. Diese Präsentation gilt als Wegbereiterin des Schweizer Werkbundes und dessen wichtigen Ausstellungsreihen. Die Werkbundbewegung war insbesondere in Deutschland für Architektur und Design von grosser Bedeutung.

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Detail eines von Hedy Hahnloser gestalteten und in Kurbeltechnik bestickten Tischtuchs

Hedy Hahnloser pflegte damals – sie war noch keine Kunstsammlerin – eine grosse Leidenschaft für die Raumkunstbewegung, die sie mit ihrem Cousin Richard Bühler teilte. Enthusiastisch beschäftigten sie sich mit den Erneuerungsideen von Henry van de Velde und betätigten sich selber gestalterisch. Es entstanden zahlreiche kunstgewerbliche Entwürfe für verschiedenste Objekte und Möbel, Muster und Vorlagen, Ornamente und Details. Zusammen mit Rittmeyer, der Professor am Technikum in Winterthur war, schufen sie für Verkaufsausstellungen auch ganze Raumgestaltungen für verschiedenste Räume vom Korridor bis zum Schlaf- und Esszimmer. Dabei gestalteten sie alles: von der Täferung zu den Lampen, von den Möbeln bis zu den Servietten.

Der Salon war das erste ganzheitlich gestaltete Zimmer des neuen Trakts der Villa Flora. Er markiert den Auftakt zu einer neuen Auffassung im Umgang mit dem Haus, seiner Innenarchitektur und dann auch mit seiner Gartengestaltung. In den nachfolgenden Jahren erfuhren so weitere Räume umfassende Neugestaltungen.

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Der Salon mit dem Porträt Hedy Hahnlosers von Félix Vallotton, Aufnahme von 1908

Es entsprach Hedy Hahnlosers Vorstellung, dass ein Raum auch Bilder brauche, damit er vollendet ist. So wurden die neuen Interieurs mit farbenprächtigen Bildern ihrer befreundeten Zeitgenossen Carl Montag und Carl Rösch behängt, später auch mit Werken von Cuno Amiet, Giovanni Giacometti und Ferdinand Hodler. Hier startete also auch ihre Kunstsammlung, die sich bald von der Schweizer zur französischen Moderne hinbewegte.

Mit dem Einbau des Gesellschaftszimmers erhielt die Flora eine neue Mitte. Der gastliche Raum wurde fortan zum Zentrum der Begegnungen und Ort des immer dienstags abgehaltenen Treffens bei schwarzem Kaffee. Weil bei diesen Zusammenkünften auch viel über die neue Ausrichtung des Kunstvereins und seines Vorstandes diskutiert und geplant wurde, bekamen diese Treffen später scherzhaft den Spitznamen «Revolutionskaffee».

Jahrzehnte später sollte der Salon wieder der Geburtsort wichtiger Veränderungen sein, die hier diskutiert und beschlossen wurden. So fanden viele der Gespräche zwischen dem damaligen Stadtpräsidenten und Vertretern der Flora hier statt, die zunächst zu der Gründung eines Trägervereins und letztlich zur Einrichtung eines Museums führten.